Geschichtliche Glaubensbekenntnisse

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Ein Glaubensbekenntnis (Credo, von lat. „Ich glaube“) ist eine zusammenfassende Formulierung von Glaubensinhalten. Es will wichtige Wahrheiten aufzählen, Lehraussagen klarstellen, Wahrheit von Irrtum trennen. Es ist meist so gehalten, dass es leicht auswendig gelernt werden kann. Eine Reihe von Stellen in der Bibel haben den Charakter von Glaubensbekenntnissen. So verwendet Jesus die Schema, basierend auf 5. Mose 6,4-9, als Glaubensbekenntnis. Paulus macht einfache, credo-artige Aussagen in 1. Korinther 8,6; 12,3 und 15,3-4. Auch 1. Timotheus 3,16 gibt ein Glaubensbekenntnis in stark gestraffter Form.

Mit der Verbreitung der Urkirche entstand das Bedürfnis nach einem formellen Glaubensbekenntnis, das den Gläubigen die wichtigsten Lehren ihrer Religion vor Augen führte. Das Apostolische Glaubensbekenntnis heißt so, nicht weil die ersten Apostel es schrieben, sondern weil es die Lehre der Apostel zutreffend zusammenfasst. Die Kirchenväter Tertullian, Augustinus und andere hatten leicht voneinander abweichende Fassungen des Apostolischen Glaubensbekenntnisses; als Standardform wurde schließlich der Text des Pirminus (um 750) angenommen.

Mit dem Wachstum der Kirche wuchsen auch die Häresien, und die frühen Christen mussten klären, wo die Grenzen ihres Glaubens lagen. Im frühen 4. Jahrhundert, noch vor der Festlegung des neu- testamentlichen Kanons, entspann sich Streit über die Göttlichkeit Christi. Zur Klärung dieser Frage kamen auf Aufforderung Kaiser Konstantins im Jahre 325 Bischöfe aus allen Teilen des Römischen Reichs in Nicäa zusammen. Ihren Konsensus schrieben sie im sog. Glaubensbekenntnis von Nicäa nieder. 381 tagte in Konstantinopel eine weitere Synode, auf der das Nicänische Bekenntnis leicht revidiert um einige Punkte erweitert wurde. Diese Fassung heißt Nicänikonstantinopolitanisches oder auch kurz Nicänisches Glaubensbekenntnis.

Im folgenden Jahrhundert tagten Kirchenführer in der Stadt Chalcedon, um u. a. über die Gott- und Menschnatur Christi zu beraten. Sie fanden eine Formel, die nach ihrer Meinung mit dem Evangelium, der apostolischen Lehre und der Schrift in Einklang stand. Sie nennt sich Christologische Definition von Chalcedon oder Chalcedonensische Formel.

Leider können Glaubensbekenntnisse auch formelhaft, komplex, abstrakt sein und manchmal mit der „Heiligen Schrift“ gleichgesetzt werden. Richtig eingesetzt, geben sie allerdings eine bündige Lehr- grundlage, hüten die richtige biblische Doktrin und schaffen einen Fokus für das kirchlich-gemeind- liche Leben. Folgende drei Glaubensbekenntnisse sind unter Christen weithin als biblisch und als Formulierung wahrer christlicher Orthodoxie Rechtgläubigkeit) anerkannt.


Das Nicänische Glaubensbekenntnis (381 n.Chr.)

Wir glauben an einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, Schöpfer des Himmels und der Erde, alles dessen, das sichtbar und unsichtbar ist. Und an einen Herrn Jesus Christus, den eingeborenen Sohn Gottes, gezeugt vom Vater vor aller Zeit, Licht von Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater, durch den alle Dinge wurden, der um uns Menschen und um unserer Erlösung willen von den Himmeln herabkam und Fleisch annahm vom Heiligen Geist und der Jungfrau Maria und Mensch wurde und der für uns unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde und litt und begraben wurde und auferstand am dritten Tage nach den Schriften und gen Himmel fuhr und zur rechten Hand des Vaters sitzt und wiederkommen wird in Herrlichkeit, zu richten Lebendige und Tote, dessen Reich kein Ende haben wird.
Und an den Heiligen Geist, den Herrn und Lebensspender, der vom Vater ausgeht, der mit dem Vater und dem Sohn zusammen verehrt und zusammen verherrlicht wird, der durch die Propheten geredet
hat; an eine heilige und katholische [allumfassende] und apostolische Kirche. Wir bekennen eine Taufe zur Vergebung der Sünden; wir warten auf die Auferstehung der Toten und das Leben der zukünftigen Welt. Amen.
(Zitiert nach J.N.D. Kelly, Altchristliche Bekenntnisse, Göttingen 1993)


Das Apostolische Glaubensbekenntnis (um 700 n. Chr.)

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes, des Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.


Definition der Einheit von Gott- und Menschennatur in der Person Christi
(Konzil von Chalcedon, 451 n. Chr.)

Den heiligen Vätern also folgend, lehren wir alle übereinstimmend, unsern Herrn Jesus Christus als ein und denselben Sohn zu bekennen; derselbe ist vollkommen in der Gottheit und derselbe vollkommen in der Menschheit, derselbe wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch aus Vernunftseele und Leib, mit dem Vater wesenseins (homooúsion) der Gottheit und als derselbe mit uns wesenseins der Menschheit nach, in jeder Hinsicht uns ähnlich, ausgenommen die Sünde. Vor den Zeiten aus dem Vater geboren der Gottheit nach, am Ende der Zeiten jedoch, als derselbe, um unsret- und um unseres Heiles willen aus Maria, der Jungfrau und Gottesmutter (theotokos) [geboren], ist er, als ein und derselbe, Christus, Sohn, Eingeborener, in zwei Naturen unvermischt, unverwandelt, ungeteilt, ungetrennt erkannt. Dabei wird keineswegs die Verschiedenheit der Naturen um der Einigung willen aufgehoben; vielmehr bleibt die Eigenart einer jeden der beiden Naturen gewahrt und verbindet sich zu einer Person und Hypostase. [Wir bekennen ihn] nicht als in zwei Personen gespalten und getrennt, sondern als ein und denselben Sohn, Eingeborenen, Gott, Logos, Herrn, Jesus Christus, wie vorzeiten die Propheten über ihn [geweissagt] und er selbst, Jesus Christus uns unterwiesen und das Vätersymbol [Glaubensbekenntnis von Nicäa] uns überliefert haben. (Zitiert nach Religion in Geschichte und Gegenwart, hrsg. v. Betz/Browning/Janowski/Jüngel, Tübingen 1999)

 


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